Interviews

Die Rockformation Slowly Slowly von Down Under im großen Interview: Von der vierten Sperrung auf die Zielgerade

Sie ist mit knapp 4,5 Millionen Einwohnern nach Sydney die zweitgrößte Stadt Australiens und liegt im Südwesten des australischen Kontinents, Melbourne. Neben Berühmtheiten wie Phil Rudd (Schlagzeuger AC/DC), dem Tennisspieler Pat Cash, dem Dokumentarfilmer Steve Irwin oder den 80er Ikonen Jason Donovan und Kylie Minogue kommen auch die Musiker der Band Slowly Slowly aus eben dieser Stadt am Indischen Ozean. Die Gruppe gründete sich im Jahre 2015 und veröffentlichte bislang drei Studioalben: „Chamomile“ aus 2016, „St. Leonards“ aus 2018 und „Race Car Blues“ aus dem Jahre 2020. Ende Februar legte das Quartett um Sänger Ben Stewart (dazu Albert Doan an der zweiten Gitarre, Alex Quayle am Bass und Patrick Murphy an den Drums) mit einer erweiterten Ausgabe des letzten Albums, nun getauft auf den Namen „Race Car Blues Chapter Two“, nach. Ein Doppel-Album, welches die Erwartungen der Fans sogar noch übertraf. Über diesen Release und viele andere Dinge konnten wir uns mit Gitarristen und Sänger Ben Stewart ein wenig austauschen ….

Die Band aus früheren Tagen …

Hardline: Hallo Ben, vielen Dank, dass du dir Zeit für unsere Fragen nimmst, wissend, dass das Album “Race Car Blues – Extended Edition” schon vor einigen Wochen veröffentlicht wurde. Zuerst einmal würde ich dich bitten, kurz die Entstehungsphase der Band zu schildern. Gegründet habt ihr euch im Jahre 2015, wie kam es dazu, kanntet ihr euch bereits aus der Schulzeit, habt ihr euch übers Internet kennengelernt oder …oder …

Ben Stewart: Hi Alex, danke für euer Interesse an unserer Band! Unser Bassist Alex und ich lernten uns in der Highschool kennen, Pat und Albert kamen etwas später dazu. Wir begannen Slowly Slowly als ein Aufnahmeprojekt, aber als es wuchs und es eine Nachfrage nach einer Live-Show gab, holten wir die zusätzlichen Mitglieder dazu. Diese Live-Energie hat das Projekt wirklich beflügelt und jedes einzelne Mitglied ist extrem wichtig für den Sound der Gruppe!

HL: Wessen Idee war der Band-Name? Zumindest ICH finde eure Art von Musik alles andere als „slowly“ …

BS: Ich bin italienischer Abstammung und etwas, das mein Großvater immer zu mir sagte, da ich oft Dinge überstürzte, war „piano piano“. Die englische Übersetzung davon ist „Slowly Slowly“. Es ist eine Hommage an ihn, meine Geschichte und eine kleine Erinnerung an mich selbst, mir Zeit für die Dinge zu nehmen.

HL: Gerade in diesen hektischen Zeiten nicht das schlechteste Vorhaben. Wer waren eure musikalischen Vorbilder, stilistisch würde ich eure Art der Musik am ehesten mit „Alternative Rock“ bezeichnen, „Small TalK“ erinnert mich vom Verlauf sehr an „Chasing Cars“ von Snow Patrol, wie würdet ihr euren Stil bezeichnen und wer waren eure musikalischen Idole, wer hat euch beeinflusst?

BS: Wir lassen uns von einer Menge Emo-Rock der frühen 2000er Jahre wie Taking Back Sunday und Fall Out Boy inspirieren, von den gefühlvollen Geschichten von Bright Eyes und der Pop-Sensibilität von Jimmy Eat World. In letzter Zeit habe ich viel Popmusik der 80er Jahre gehört, was unsere Rhythmusgruppe zu einigen neuen Grooves inspiriert hat. Seit der Pandemie habe ich viel mehr peppige Musik gemacht, weil ich einen moralischen Schub brauchte.

HL: Dann ist “Race Car Blues – Extended Edition” eine aus meiner Sicht schier unglaubliche Erweiterung des „normalen“ Albums „Race Car Blues“ geworden. Was mit zwei zusätzlichen Tracks begann, endete aus meiner Sicht in einem kompletten Album. Warum habt ihr dem Werk nicht einen neuen Namen gegeben und als „neues“, eigenständiges Studio-Album veröffentlicht?

BS: Die Songs wurden alle zur gleichen Zeit geschrieben und aufgenommen, deshalb fühlten sie sich nicht wirklich wie die nächste Iteration von uns an. Gleichzeitig wollten wir aber, dass die Songs das Licht der Welt erblicken. Die Pandemie gab uns diese Zeit, in der wir sie noch ein wenig aufpolieren und entwickeln konnten. Die Pandemie gab uns dafür die Zeit, denn normalerweise wären wir auf Tour gewesen, also schätze ich, dass das einer der positiven Aspekte ist, die sich daraus ergeben … einer der wenigen!

HL: Dann habt ihr auf dem „Zusatz-Album“ das Duett „First Love“ mit der Gruppe Yours Truly aufgenommen, wie kam dieses zustande? Kennt man sich, weil man zu einem ähnlichen Zeitpunkt musikalisch gestartet ist? Ich frage, weil Melbourne und Sidney für deutsche Verhältnisse nicht in unmittelbarer Nachbarschaft liegen (fast 9 Stunden Autofahrt bei ca. 900 km Entfernung) …

Mikaila von Yours Truly & Ben

BS: Wir sind schon seit einer Weile befreundet und bewundern die Arbeit des anderen. Sowohl Yours Truly, als auch wir veröffentlichen über das gleiche Musiklabel, also kam es recht einfach zustande. Mikaila, die Leadsängerin von Yours Truly, ist ein riesen Talent und hat den Song wirklich zum Leben erweckt.

HL: Wie ich mitbekommen habe, ist seit Mitte Mai mit „Blueprint“ ein neuer Song am Start, wie weit sind die Arbeiten an einem neuen Studio-Album?

BS: Wir sind gerade dabei, dem neuen Album den letzten Schliff zu geben und können es kaum erwarten, das neue Werk zu veröffentlichen. Es ist unser bisher aufregendstes und stärkstes Werk, wir haben alles an Herzblut in die neuen Songs gesteckt, welches wir zur Verfügung hatten (lach).

HL: Das letzte Studio-Album „Race Car Blues“ platzierte sich in euren heimischen Charts sensationell auf Platz sieben der Album Charts, verspürt ihr bei den Arbeiten am neuen Werk einen gewissen Druck, diesen Erfolg zumindest zu egalisieren oder sind für euch solche Erfolge eher zweitrangig?

BS: Klar hat man das schon im Hinterkopf, aber wir waren extrem fokussiert auf die neuen Lieder, da denkt man halt nicht permanent an die Platzierung des Vorgängers. Wir haben das Glück, eine extrem loyale und hungrige Fanbase zu haben, von der ich glaube, dass sie uns auch in der nächsten Phase der Band wirklich unterstützen wird, selbst, wenn wir uns auf ein neues Terrain begeben.

HL: Hier in Europa ebbt die dritte Corona-Welle ab, das „normale“ Leben kehrt langsam aber sicher wieder zurück, natürlich immer noch unter Auflagen (Maskentragen beim Einkaufen, registrieren bei einer App oder Abgabe eines negativen Corona-Testes, wenn man im Innenbereich eines Restaurants essen möchte etc.), an Live-Konzerte zumindest im größeren Stil (Stadion/Festivals) ist auch in diesem Jahr nicht zu denken, wie ist die aktuelle Situation in Australien?

BS: Wir leben in Melbourne, das von allen Bundesstaaten Australiens die meisten Rückschläge erlebt hat, wir hatten eine der längsten Sperrungen der Stufe 4 auf der Welt. Nun haben wir gerade unsere vierte Sperre hinter uns und die war, um ehrlich zu sein, ziemlich hart. Die Band war die ganze Zeit über ziemlich motiviert, und ich schaue angesichts der aktuellen Impfungen wirklich hoffnungsvoll in die Zukunft.

HL: Sollte Ende 2021/Anfang 2022 ein neues Album veröffentlicht werden und es die Pandemie zulässt, sind bereits Pläne vorhanden, diese neuen Songs, auch die von „Race Car Blues“ sowie „Race Car Blues – Extended Edition“ live zu präsentieren?

BS: Ja, wir touren, wenn alles nach Plan läuft, am Ende dieses Jahres durch unser Heimatland und planen in 2022, einige Touren in Übersee zu unternehmen, drück uns die Daumen (lach).

HL: Bestehen Pläne, dass ihr euch von eurem Kontinent in Richtung Europa aufmacht, um auch hier bekannter zu werden? Festivals gibt es gerade hier in Europa, in Deutschland ja mehr als genug!

BS: Wir würden absolut gerne, wir haben so viele tolle Dinge über eure Musik-Szene gehört.

Hardline: Dann kommt doch einfach vorbei und erlebt diese im wahrsten Sinn des Wortes live (lach). Das war es in Kürze, danke noch einmal für eure investierte Zeit, weiterhin maximalen Erfolg und bleibt gesund!

Text: Alexander Stock

Slowly Slowly – Blueprint [Official Music Video] – YouTube