Live

AVANTASIA Live in der Columbushalle in Berlin: Wie immer ein Spektakel

AVANTASIA

Columbiahalle, Berlin

Wenn Tobias Sammet seine Metal-Oper auf Reisen schickt, kann man sich auf ein paar grundlegende Dinge verlassen: 1. Es sind wieder viele namhafte Gastmusiker dabei. 2. Es gibt keine Vorband. 3. Die Show geht annähernd drei Stunden und 4. Es wird spektakulär. So auch an diesem Donnerstagabend in der Berliner Columbiahalle. Wie ich auch bereits im Vorfeld im Gespräch mit Gitarrist Sascha Paeth erfahren hatte, ist selbst die Band davon ausgegangen, dass Berlin der Ort sein wird, wo Avantasia die wenigsten Zuschauer verzeichnen wird. Und, wie prophezeit, so war es an dem Abend leider auch. Mit schätzungsweise 1.000 bis 1.500 Zuschauern war das Konzert zwar gut besucht, wenn man allerdings bedenkt, dass in die Columbiahalle circa 3.500 Leute hineinpassen, dann merkt man schon, dass es heute etwas überschaubarer wirkt. Fairerweise muss ich hier erwähnen, dass die Stadt Berlin es am heutigen Abend den Konzertgängern auch nicht leicht gemacht hat, ihrer Leidenschaft zu folgen. Denn leider war am heutigen Abend nicht nur ein Streik des öffentlichen Personennahverkehrs, sondern die Stadt hat an dem Tag auch große Teile der Stadtautobahn, der Verkehrshauptschlagader Berlins, wegen erheblicher Baumängel gesperrt. Man musste also kreativ werden, um zum Konzert zu kommen.

Sascha Paeth / Tobias Sammet

Das soll der Stimmung aber keinen Abbruch bringen. Denn pünktlich um halb acht fällt der überdimensionale Vorhang und gibt den Blick auf die beeindruckende Bühnenkulisse frei. Viele Podeste und Bühnenaufbauten, die an einen vergessenen Friedhof erinnern. Mit „Creepshow“, der ersten Single vom aktuellen Album „Here Be Dragons“ legt die Band auch los und Maestro Sammet erscheint unter lauten Jubel auf der Bühne. Guter Start. Ab dem zweiten Song („Reach Out For The Light“) geht es dann auch schon ins Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiel über, wo sich die verschiedenen Sänger die Klinke in die Hand geben. Für diesen Song begibt sich Backgroundsängerin Adrienne Cowan (Seven Spires) ins Rampenlicht und beeindruckt mit ihrer enormen Stimme, die sowohl lieblich als auch brutal klingen kann. Für den nächsten Song wird ihr Platz eingetauscht gegen den „Neuen“ in Tobis Reihen: Tommy Karevik von Kamelot gibt sich für „The Witch“ die Ehre. Der nächste Song in der Setlist ist eine echte Überraschung: „Devil In The Belfry“ vom Album „The Scarecrow“ wird erstmals ins Set aufgenommen.

Herbie Langhans kommt nach vorne und gibt eine großartige Performance zum Besten. Für „Phantasmagoria“ kommt Pretty Maids Sänger Ronnie Atkins zum Zuge. Der Mann ist bereits seit 2013 ein fester Bestandteil der Avantasia-Besetzung und bringt eine unglaubliche Präsenz auf die Bühne. Danach gehört das Spotlight einzig und allein Mr. Big-Sänger Eric Martin für die Ballade „What‘s Left Of Me“. Eric Martin ist wahnsinnig sympathisch und hat auch Charisma, im Vergleich zu den vorigen Sängern kann er aber leider nicht mehr mithalten, was auch bei „Dying For An Angel“ zu hören ist. H.e.a.T.-Sänger Kenny Leckremo wirkt vom Aussehen her irgendwie wie aus einem anderen Film. Mit seiner Spandex-Hose, den weißen Turnschuhen und dazugehörigen weißen Tennissocken sieht es so aus, als ob er eine Zeitreise gemacht hätte – die Achtziger haben angerufen und wollen ihr Outfit zurück. Stimmlich gesehen, ist die Wahl von Leckremo goldrichtig gewesen, denn er schmettert „Against The Wind“ mit Schmackes in die Halle. Auch Backgroundsängerin Chiara Tricarico von Moonlight Haze kommt mit dem Song „Farewell“ zum Zuge. Hier hätte ich mir allerdings mehr Songs mit ihr als Duettpartnerin gewünscht.

Tommy Karevik / Tobias Sammet

Alles in allem bietet Tobi Sammet mit seinem Tross einen schönen Querschnitt durch die eigene Discographie. Allerdings fällt auf, dass der Maestro neben The Metal Opera, Part II auch die letzten beiden Alben „Moonglow“ und „A Paranormal Evening with the Moonflower Society“ leider komplett ausgespart hat – trotz epischer Spielzeit. Aber, das ist Meckern auf hohem Niveau. Schön ist, dass Songs wie „Toy Master“ und „Death Is Just A Feeling“ nach langer Zeit wieder ins Set aufgenommen wurde. Als Zugabe sitzt Tobi allein an einem brennenden Klavier und präsentiert uns „Lucifer“. Danach folgen noch „Lost In Space“ und obligatorisch das Medley „Sign Of The Cross/ The Seven Angels“, bevor die Truppe ihre Fans in die Nacht entlässt. Alles in allem war es wieder ein runder Abend und wieder einmal schön, so ein großes Kino in der Stadt zu sehen.

Setlist Avantasia:

Creepshow

Reach Out For The Light

The Witch

Devil In The Belfry

Phantasmagoria

What’s Left Of Me

Dying For an Angel

Against The Wind

Here Be Dragons

Avalon

Let The Storm Descend Upon You

Promised Land

The Toy Master

Twisted Mind

The Wicked Symphony

Shelter From The Rain

Farewell

The Scarecrow

Death Is Just A Feeling

Zugabe:

Lucifer

Lost In Space

Sign Of The Cross/ The Seven Angels

Text & Fotos: Pat St. James