Interviews

Thomas Godoj: Auf der Suche nach der reellen Chance…

Wenn man den Namen Thomas Godoj hört, denken viele unweigerlich an den Gewinner der fünften Staffel von Deutschland sucht den Superstar im Jahre 2008. Er ist aber weit mehr als „nur“ ein DSDS Gewinner, Thomas Godoj ist es als einem der wenigen Teilnehmer gelungen, sich aus dem langen Schatten der Sendung zu lösen und mit seiner eigenen Musik durchzustarten. Der 1978 in Rybnik, Polen geborene Sänger konnte alle seine bislang sieben Alben in den deutschen Album Charts platzieren, sein aktuelles Werk „13 Pfeile“ enterte im Mai 2018 auf Platz 27 die Charts. Knapp neun Monate später ist er akustisch in deutschen Landen unterwegs („V’Stärker Aus“-Tour) und machte Ende Januar Halt in Kiel, wo wir vom Hardline ihn kurz vor seinem Auftritt zum Interview treffen konnten…

Hardline: Hallo Thomas, ganz lieben Dank, dass du uns doch recht kurz vor deinem heutigen Konzert in Kiel noch Backstage empfängst! Und Glückwunsch nachträglich zum bärenstarken Album „13 PFEILE“. Aus meiner Sicht wirst du, obwohl du ja schon seit zehn Jahren dafür bekannt bist, in den Songs immer direkter und rockiger!

Thomas Godoj: Danke zuerst einmal, dass du dir für mich Zeit nimmst und nach Kiel gekommen bist. Und wirklich schön, dass dir das aktuelle Album gefällt. Ich kann dazu nur sagen, dass ich mich in den letzten zehn Jahren einfach immer weiterentwickelt habe und einfach die Musik mache, die ich machen will. Die Fans, die mich seit zehn Jahren verfolgen, mögen den Rock‘n‘Roll, das konnte ich auf unseren zahlreichen Live-Gigs feststellen, wo meine Jungs und ich die Songs immer schon härter als in den jeweiligen Albumversionen gespielt haben. Sie mögen aber auch Balladen und so ein gesunder Mix ist nicht das Schlechteste. Wir variieren das in den letzten Jahren ja auch zusätzlich mit akustischen Tourneen, wo die Songs dann in einem komplett anderen Gewand gespielt werden. Ich versuche, mich musikalisch immer weiterzuentwickeln und wehre mich gegen Schubladen.

HL: Da gehörst du definitiv auch nicht rein. Gerade wenn man das neue Album „13 Pfeile“ sich mal in Ruhe anhört, nimmst du ja gleich beim ersten Song „Keine Option“ politisch mehr als klar Stellung und scheust solch teils brisante Themen nicht.

TG: Definitiv nicht. Die Kunst gerade bei diesen politischen Songs ist, den Song so einfach wie möglich zu halten, dafür die Message so stark wie möglich zu transportieren!

HL: Gerade bei diesem Song stelle ich es mir unglaublich schwer vor, hier eine funktionierende Akustik-Version zu kreieren…

TG: Die Idee für eine Akustik-Version bei „Keine Option“ ist uns tatsächlich im Auto zu einem unserer Konzerte gekommen. Im Prinzip kreierte mein Bandkollege Sebastian Netz diese Version des Songs während der Fahrt…

HL: Ich habe beim neuen Album festgestellt, dass du – neben diesem politischen – sehr viele Themen anschneidest, schreibst nur du die Texte oder lässt du auch andere mit teilhaben?

TG: Die Themen auf dem Album sind alle sehr persönlich – ich bin in puncto Songwriting aber eher der Typ Teamplayer, habe in den letzten Jahren das Glück gehabt, andere Songwriter durch diverse Umstände kennengelernt zu haben – sich da nicht abzuschotten bringt einen selbst entwicklungstechnisch immer weiter. Das kennt man ja auch aus dem Proberaum früher, da haben auch viele Personen an den Songs gearbeitet. Darum arbeite ich auch immer wieder gerne mit wirklich vielseitigen anderen Musikern auf meinen Alben zusammen. An „13 Pfeile“ habe ich bestimmt neun Monate geschraubt, mir war und ist immer wichtig, anspruchsvolle Texte zu schreiben, es gibt so viele lalala Songs, die komplett ohne Aussagen sind, das ist OK, aber nichts für mich. Speziell bei „13 PFEILE“ habe ich viele Songtexte auch zusammen mit meiner Freundin geschrieben, sie kennt mich einfach und kann super texten. Zu den anderen Musikern: Mein alter Bandkollege René Lipps hat mich zum Beispiel bei „Keine Option“ unterstützt, er selber ist aber nicht nur in der Rockmusik zu Hause, sondern kennt sich auch in der Schlagerszene bestens aus, hat unter anderem auch mit Wolfgang Petry mehrfach zusammengearbeitet. Hannes Kelch, mein Produzent, spielt zum Beispiel aber auch für Alligatoah – es ist tatsächlich sehr familiär alles bei mir.

HL: Du hast DSDS gewonnen, alles reißt sich um einen und dann lässt dieses „um einen reißen“ beim zweiten Album nach, wie kommt man als Künstler damit klar, wie bleibt man mit beiden Füßen auf dem Boden?

TG: Das ist recht einfach zu beantworten: Man kommt damit klar, wenn man alt genug ist! Ich war damals 29 Jahre alt und nicht 19, ein großer Vorteil. Ich habe davor schon Musik auf professionellen Level gemacht, allerdings ohne den großen Durchbruch, bin aber – und das will ich damit ausdrücken – nicht noch zur Schule gegangen oder habe gerade mein Abi gemacht, sondern befand mich schon recht fest im Leben.

HL: Hast du eine Erklärung dafür, warum deine Musik gar nicht, oder wenn dann sehr wenig, im Radio gespielt wird?

TG: Es liegt vielleicht daran, dass ich mich für die Unabhängigkeit entschieden und mich nicht an ein großes Plattenlabel gebunden habe. Als ich DSDS gewann, war das eigentlich anders geregelt, aber es war für mich schon nach kürzester Zeit klar ersichtlich, dass das mit dem von der Show ausgewählten Manager nicht wirklich klappt, es war so überhaupt nicht meine Philosophie.

HL: Waran lag es denn, er Pop und du Tendenz Rock?

TG: Wenn man durch eine Casting-Show nach oben gebombt wird, klappt das so ungefähr ein Jahr lang recht gut. Kurz erklärt: Der Sender arbeitet mit einem Plattenlabel, früher Sony Columbia, heute Universal zusammen – das ist zumindest mein letzter Stand. Die wollen möglichst schnell viel Reibach mit dir machen – als Casting-Gewinner ist deine Halbwertszeit nun mal kurz, danach steht auch einfach wieder jemand neues in den Startlöchern und es wird sich darauf konzentriert. Der Manager, der dir letztlich aufgedrückt wird, betreut und spricht mit und für den Künstler und ist natürlich daran interessiert, die Maschine am Laufen zu halten. Als Gewinner wird man da automatisch in eine Schublade gesteckt, die meisten finden sich dann irgendwann beim Promidinner oder im Dschungel wieder. All das ist überhaupt nichts für mich gewesen, deswegen habe ich diesem System sehr rasch den Rücken gekehrt. Als selbstständiger Künstler hat man alles selber unter Kontrolle und lässt sich in nichts reinpfuschen. Mir ging es wirklich um Musik, so eine Casting Show ist da halt Fluch und Segen zugleich. Ich will und werde das Ganze überhaupt nicht verteufeln, ich habe DSDS am Ende des Tages doch meine Popularität – so klein oder groß sie auch gerade ist – zu verdanken. Fluch aber, weil mich diejenigen, die DSDS hassen, auch hassen, ohne mir als Künstler eine reelle Chance zu geben, aber das ist aus meiner Sicht auch ein gesellschaftliches Problem. Man kann als Veranstalter bei Rock am Ring oder Highfield keinen DSDS Sieger platzieren bzw. auftreten lassen, das ist leider so. Warum das so ist, weiß ich nicht, die haben – so denke ich – Angst, vielleicht Zuschauer zu vergraulen.

Hardline: Eigentlich nicht ganz nachvollziehbar, gerade wenn man bedenkt, dass du damals fast ausschließlich mit Rocksongs die Staffel komplett dominiert hattest. Dein Auftritt im Finale war eines der Highlights, die DSDS jemals erleben durfte, zum einen deine eigene Leistung, zum anderen war da natürlich auch noch die Unterstützung der Live-Band, die es heute ja auch nicht mehr gibt.

TG: Danke, wir haben uns Mühe gegeben (lacht).

HL: Das war zu merken! Wie muss sich das ein Musikliebhaber denn bei dieser Sendung vorstellen, aus wie vielen Songs darfst du denn da tatsächlich auswählen? Manchmal kommt es einen vor, als wenn die Songs von anderen vorbestimmt sind…

TG: Dem war nicht so, wir haben so zirka eine DIN A4 Seite voller Songs, passend immer zur Mottoshow – die es damals noch gegeben hatte – bekommen, aus der wir uns dann den entsprechenden Song bzw. die Songs auswählen konnten. Klar haben die Vorschläge gemacht nach dem Motto: „Wir würden uns schon den oder den Songs wünschen, weil wir glauben, dass dieser am besten funktionieren wird“ gemacht, aber schlussendlich hatte der Teilnehmer dann immer noch das letzte Wort. Dann bespricht man die Songs mit dem Musical-Director und am Ende des Tages gab es dann ja noch diese wirklich geniale Live-Band. Diese ist – nebenbei – jetzt bei „The Voice“. Irgendwann wurde dann – von wem auch immer – entschieden, auf die Live-Band zu verzichten, eigentlich schade, denn es ist so nicht mehr wirklich die Show, an der ich mal teilgenommen habe.

HL: Die Band fehlt definitiv, das ist mehreren Zuschauern schon negativ aufgefallen. Hast du noch Kontakt zu den damaligen Mitstreitern?

TG: Nein, eigentlich nicht, einzig zu Philipp Hofmann aus dem Recall, der mit seiner Band Juno 17 macht und tut, vornehmlich im russischen Raum, habe ich lockeren Kontakt. Dort hat er sich durch seinen jahrelangen Einsatz eine Fangemeinde aufgebaut und das mit deutschsprachiger Musik.

HL: Das mit der Fanbase hat bei dir aber auch recht gut geklappt, es fehlt eigentlich nur, dass du die großen Hallen füllst.

TG: Danke für die Blumen, aber ganz so groß ist es dann auch noch nicht. Aber ich bin nun erst einmal stolz, dass ich heute Abend hier in der Kieler Pumpe spielen kann, größer ist natürlich immer willkommen.

HL: Zu diesem Abend wünschen wir alles Gute, bleib so, wie du bist, lass dich nicht verbiegen!