Großes Interview mit RONNIE ROMERO: Das Vermächtnis muss am Leben erhalten werden!
Er wurde am 20. November 1981 in Santiago de Chile geboren und ist spätestens seit seiner Zusammenarbeit mit keinem geringerem als Ritchie Blockmore (ex Deep Purple) bei fast jedem Rockfan bekannt: Ronnie Romero. Mittlerweile hat der Tausendsassa drei Solo-Alben („Raised on Radio”, „Raised on Heavy Radio” und „Too Many Lies, Too Many Masters”) veröffentlicht, Album Nummer vier erscheint exakt an dem Tag (24.10.2025), wo er live die Hansestadt Hamburg unsicher macht. Wir nutzen diese Chance und konnten uns mit Ronnie vor seinem Gig im Club Bahnhof St.Pauli (direkt an der Reeperbahn) nicht nur über sein neues Werk „Backbone“ unterhalten …
Ronnie, ganz lieben Dank, dass du dir vor dem heutigen Gig in Hamburg Zeit für die Hardline Leser genommen hast und Glückwunsch zu einem extrem starken neuen Solo-Album „Backbone“. Bevor wir zu diesem kommen, kurz ein Schritt in die Vergangenheit. Du bist 1981 in Santiago de Chile zur Welt gekommen, ein Kind der neunziger Jahre, mit welchen Bands bist du aufgewachsen, von welchen Künstlern warst du damals Anhänger?
Als ich in den neunziger Jahren begann, mich, wie die meisten meinem Schulkameraden und Freunde, für Musik zu interessieren, war ich musikalisch ein wenig anders aufgestellt als der Rest. Viele meiner Freunde hörten Bands wie Nirvana, Pearl Jam oder Korn. Dank meines Vaters, der absoluter Rockfan war, bin ich mit Gruppen wie Kansas, Boston oder Journey aufgewachsen. Aber die Band, die ich am meisten damals gehört habe, war tatsächlich Kansas. Das ich Sänger wurde, lag bei mir wohl auch in den Genen, sowohl mein Großvater als auch mein Vater haben in Big Bands gespielt und gesungen. Das erste Rockalbum, welches ich hörte, war von Whitesnake das Unplugged-Album „Starkers In Tokyo“. Als ich David Coverdale hörte, dachte ich im selben Moment „ich möchte genauso klingen wie dieser Kerl!“

2015 hat dich dann, nach Ansicht einiger Videos auf YouTube, eine Ikone der Rockmusik, Ritchie Blackmore, kontaktiert. Wie aufgeregt ist man, wenn so eine musikalische Lichtgestalt den Wunsch hat, dass man als Sänger in seine Band kommt? Musstest du überhaupt überlegen?
Es war strange, um ehrlich zu sein. Denn die erste Mail, die ich von Ritchie erhalten habe, war ohne Inhalt. Zuerst dachte ich an eine Fake-E-Mail, kurze Zeit später habe ich aber eine zweite Mail erhalten, dieses Mal von Candice Night, der Ehefrau von Ritchie, geschrieben. Sie klärte mich auf, was Ritchie wollte und, dass er sich E-Mail-technisch nicht ganz so gut auskenne (lacht). Was ein wenig schwierig war zu der Zeit, was die sprachliche Barriere, ich konnte zu dieser Zeit noch kein Englisch. Dieses hat sich dann innerhalb eines Jahres durch meinen Aufenthalt in England geändert, learning by doing ist immer noch der beste Lehrer. Und zu deiner letzten Frage: nachdenken musste ich nicht wirklich (lacht).
Musikalisch gesehen bist du aus meiner Sicht ein Workaholic, Alben mit CoreLeoni, aktuell Michael Schenker, Lords of Black, beim Projekts Destinia, Sunstorm , The Ferrymen, dann Sänger bei Rainbow .. und dann noch deine eigenen Werke. Wie bekommst du das zeittechnisch alles unter einen Hut?
Es ist tatsächlich recht einfach, ich würde sogar sagen, dass ich, wenn ich nicht gerade im Studio oder auf Tour bin, über viel Freizeit verfüge. Gerade zu der Zeit, wo ich bei Rainbow anfing, kamen viele zu mir und fragten mich nach Projekten. Ich habe aber während der Jahre gelernt, diese Anfragen zu selektieren und nur Dinge zu tun, wo ich auch zu 100% dahinterstehe. Meine Freizeit verbringe ich dann mit meinen Hunden und mit meiner Frau. Wir kochen jeden Abend zusammen, was eine große Freude für mich ist …

Zum neuen Werk „Backbone“, wer war bei diesem Werk für die Lyrics, wer für das musikalische zuständig? Wie lange dauerten die Arbeiten an diesem neuen Werk?
Bei uns ist immer zuerst das Musikalische, sind zuerst die Riffs vorhanden, erst dann kommen die Lyrics. Diese schreibe ich meist am Abend vor meinen Aufnahme-Sessions. Es fühlt sich organischer an und man hat dieses Live-Feeling bei den Aufnahmen, weil eben alles recht frisch ist. Meistens funktioniert dieses System gleich beim ersten Mal, ab und an muss man noch ein wenig nachjustieren, aber auch da vergeuden wir in der Regel nur wenig Zeit. So haben die Arbeiten am neuen Album nur einige Monate gedauert …
Es ist dein insgesamt viertes Solo-Album, deine ersten beiden waren, was extrem ungewöhnlich für Solo-Künstler ist – Cover-Alben. Wessen Idee war dieses und wer war für die Auswahl der Songs zuständig?
Nach Lords of Black und The Ferryman wollte das Records-Label ein Solo-Album von mir haben. Ich selbst war mir nicht sicher, ob es damals wirklich der richtige Zeitpunkt dafür war. Dann schlugen sie mir vor, ein Cover-Album aufzunehmen. Wie sich herausgestellt hatte, war es erfolgreich, sodass wir ein zweites hinterhergeschoben haben. Mir persönlich war es bei den beiden Alben aber wichtig, dass es sich um Songs der Helden meiner Jugend handelt, Songs, die ich mit mir selbst in Verbindung bringen kann. Und so fanden sich Lieder von Künstlern wie Foreigner, Kansas, Uriah Heep auf dem Album wieder, mit Liedern, die normalerweise gar nicht oder wenn dann ganz selten gecovert werden.

Dann folgten innerhalb von zwei Jahren zwei Longplayer mit eigenem Material. Gerade das neue Werk finde ich im Gegensatz zum ersten Werk kompakter, eventuell einen Ticken mainstreamer, reifer. Waren es auf „Too Many Lies, Too Many Masters“ die Songs „I’ve Been Losing You” und “A Distant Shore”, die für mich herausgestochen haben, hat mich beim neuen Longplayer gleich der Titeltrack komplett gefangengenommen, grandios. Des weitere catchten mich auch noch die Stück „Lost In Time“, „Keep On Falling“ und „Eternally“. Für mich ein grandioser Mix aus Axel Rudi Pell, Rainbow, ein wenig Black Sabbath und Michael Schenker. Wie zufrieden bist du selbst mit dem neuen Werk?
Um ehrlich zu sein, hast du das schon wirklich gut umschrieben. Mein erstes Solo-Album ist eher eine Ansammlung von einzelnen Songs, beim jetzigen Album handelt es sich um ein komplettes Album, welches man in einem durchhören sollte. Es hört sich aus meiner Sicht ein wenig fetter, ein wenig klarer an und, wie du es schon erwähnt hast, vielleicht auch einen Ticken mainstreamer als mein erstes Werk.
Du tourst aktuell mit Gus G, wer von euch legt die Setlist fest und werden da auch schon Songs vom neuen Album enthalten sein?
Es wird ein neuer Song von mir mit auf der Setlist stehen, den ich mit Russ Balard aufgenommen habe. Ansonsten sind Solo-Tracks von Gus und von mir enthalten und einige Cover-Songs, die wir im Laufe der Jahre jeder für sich gespielt haben. Gus war jahrelang mit Ozzy auf Tour, ich mit Rainbow.

Abschließendes Thema Abschied: Gerade in den letzten Monaten musste sich die Rockfans von großartigen Künstlern wie Rick Davis von Supertramp, Ozzy Osbourne oder The Spaceman Ace Freley verabschieden. Wie hast du diese Künstler erlebt, wen hast du eventuell sogar schon einmal getroffen?
Wir leben in einer Zeit, wo all diese Ikonen älter werden und leider irgendwann sterben. Es liegt nun an unserer Generation, neben unseren eigenen Sachen auch die Songs dieser Ausnahme-Künstler am Leben zu erhalten. Dieses machen wir zum Beispiel auf unserer aktuellen Tour, wir platzieren diverse Cover-Versionen, auch von Ozzy Osbourne, in unserer Setlist, um dieses Vermächtnis weiter am Leben zu erhalten.
Ronnie, das war es in aller Kürze, ganz lieben Dank, dass du dir Zeit für uns genommen hast, viel Erfolg für das neue Album „Backbone“, viel Spaß bei den Gigs, vor allem aber: Bleib gesund!
Text: Alexander Stock
