Interviews

Ascheregen: Deutsch ist kantig, abgehackt und rau, DAS ist die Herausforderung

Ascheregen
Musik für die Lebenden
Heavy Metal mit deutschen Texten ist nicht besonders verbreitet – das soll sich nun ändern.
Grund genug, der Band einmal auf den Zahn zu fühlen, was Aschregen noch so vorhaben.

Hardline: Wie seid ihr auf diesen ungewöhnlichen Bandnamen gekommen und was steckt genau dahinter?
Aschregen: Der Name wurde vornehmlich wegen unseres Musikstils gewählt Die Idee kam uns ursprünglich, weil wir uns in Gitarrenlinien und im musikalischen Stil im Heavy Metal, z.T. auch Punk Rock, der 80er Jahre bewegen, der wie ein Vulkanausbruch in das damalige Musikgeschehen eingeschlagen ist. Aus dem Aschregen, den dieser Ausbruch erzeugt hat, entsteht mit der Idee, deutsche Texte zu verwenden, etwas Neues, was es unserer Ansicht nach in diesem Genre noch nicht gibt.
HL: Seit wann gibt es die Band und wie seid ihr als Band zusammengekommen?
Aschregen: Das ist eine lange Geschichte. Marc und Andreas kennen sich bereits seit den frühen 90er Jahren und haben seit dieser Zeit Kontakt. Beide haben in verschiedenen Projekten mit Musikern zusammengearbeitet, die mit dem jeweilig anderen auch schon zusammengearbeitet haben. Aus diesen Überschneidungen heraus gab es in den frühen 2000ern dann ein gemeinsames Projekt mit Thomas Göttlich (Rebellion, Ex-Grave Digger) zusammen. Insgesamt sind im Studio von Uwe Lullis (Accept, Ex- Rebellion, Ex-Grave Digger) drei Stücke entstanden, die aber dann nicht veröffentlicht wurden. Danach hatte Andreas mit Daniel, Chrystal, Benni und Basti verschiedene Projekte und im Jahr 2017 entstand dann mit dem Hinzukommen von Marc aus dem allen die Band Aschregen. Heute wird die Band von Detlef Schröder am Schlagzeug verstärkt und befindet sich bereits in der Produktion neuer Songs. Ein ewig währender Prozess, könnte man sagen.
HL: Ist es für euch gefühlt leichter oder schwerer Texte in Deutsch zu schreiben?
Aschregen: Grundsätzlich finde ich es leichter, weil es meine Muttersprache ist, ich habe aber auch schon englische Texte verfasst und damit keine Probleme gehabt. Die deutsche Sprache ist mir allerdings geläufiger und ich mag es, diese Sprache zu verwenden.
HL: Kommen wir von den Texten zur Musik. Wenn ich sagen würde klassischer 80er Jahre Teutonen Metal, würdet ihr das unterschreiben?
Aschregen: Andreas hat in dieser Zeit schon Musik gemacht und auch Gitarrenlinien für andere Bands geschrieben, u.a. Grave Digger. Ob ich das Ganze als Teutonen Metal bezeichnen würde, weiß ich nicht, aber bei den deutschen Metal-Bands alter Schule fühlen wir uns musikalisch gut aufgenommen.
HL: Wie lange habe ihr insgesamt an den Songs für „Untot“ geschrieben?
Aschregen: Das Songwriting und die Vervollständigung der Songs haben ungefähr ein Jahr gedauert.
HL: Woher kommen eure musikalischen Einflüsse? Ausschließlich von deutschen Bands wie Accept oder welche anderen Bands beeinflussen euch?
Aschregen: Nein, sicher nicht. Ich glaube, bei Einflüssen muss man Vieles nennen. Englische Bands wie Priest, Black Sabbath und Rainbow, amerikanische Bands wie Dokken und auch die Ramones, oder englische Punk-Klassiker wie Exploited oder die Sex Pistols. Sicherlich sind Einflüsse aus all diesen Richtungen mit eingeflossen und auch neuere Bands sind durchaus interessant und bieten musikalisch einiges.
HL: Ihr habt ein Video zu „Untot“ gedreht, gleichzeitig ist es auch der Opener des Albums und Titeltrack. Was macht diesen Song so besonders für euch?
Aschregen: „Untot“ war mit der versteckten Botschaft und der Kritik an den vielen Mitläufern in unserer Gesellschaft deshalb besonders interessant, weil es gut im momentanen Zombiehype zu verorten war. Deshalb haben wir das Stück ausgewählt, weil auch der Video-Regisseur hier genügend Potential für eine Storyline gesehen hat.
HL: Welche Songs würdest du sonst noch hervorheben?
Aschregen: Das ist bei der eigenen Musik immer schwer zu sagen, weil wir die Songs irgendwie alle mögen. Wenn ich mich entscheiden muss, sage ich: „Lass Es Raus“, „Schnell Wie Ein Hai“ und „Hey Christina“.
HL: Ihr habt jetzt auch eine Sängerin an Bord, was euch natürlich viele neue musikalische Möglichkeiten gibt. Was gab den Ausschlag, dass ihr euch noch für eine weibliche Stimme entschieden habt?
Aschregen: Das hat sich so ergeben. Christina hat im Vorfeld mit Andreas und Daniel schon zusammengearbeitet und da kam die Idee, eine Doppelspitze könnte uns Möglichkeiten eröffnen.
HL: Was für Ziele und Erwartungen habt ihr mit diesem Album und der Band?
Aschregen: Ich glaube hier kann ich sagen: Wir werden sehen. Wir hoffen, dass es einigen Leuten zusagt und wir weiterhin Spaß am Konzept haben. Zumindest verbindet niemand von uns damit die Hoffnung reich und berühmt zu werden. Ich denke die Zukunft wird es weisen.
HL: Kritik muss ich aber auch noch loswerden. Euer Band-Bild zusammen mit dem Outfit erinnert an einen Karnevalverein aus dem nächsten Dorf. Ihr nehmt euch da selber den Ernst, den Musik und Texte ja durchaus haben. Ich finde es schrecklich. Ihr findet das richtig gut?
Aschregen: (Lacht)… ich weiß durchaus, was du meinst. Die Entstehung der Bandfotos hatte vor allem mit dem Video zu tun und der Tatsache, dass unser Bassist und unser damaliger Schlagzeuger Wert daraufgelegt haben, nicht erkannt zu werden. Auf der Homepage verwenden wir Bilder von Liveauftritten, weil uns das besser repräsentiert. Das Bild ist in den Bemusterungen jetzt halt drin… damit müssen wir jetzt wohl leben. Aber vielleicht ist es für euch tröstlich, dass wir das Bild auch nicht ernst nehmen…
HL: Stellt uns bitte die Band einmal vor…
Aschregen: Heute sind Andreas Püschel alias Kratos P. Gitarre, Chrystal Frost (Gesang, Daniel Hänsgen (Keys), Detlef Schröder (Schlagzeug) und Marc Debus alias Kaleun Cronos fester Bestandteil der Band. Die meisten von uns machen seit Jahren Musik, bzw. Detlef arbeitet sogar als Schlagzeugdozent am Konservatorium in Frankfurt. Uns verbindet der Spaß am Musik machen und die Idee neues Material dabei zu schaffen, dass wie wir hoffen, auch einigen Leuten gefallen wird.
HL: Wie sind die Songs auf Euren Debüt entstanden und warum wart ihr so mutig als Heavy Metal-Band in Deutsch zu singen, es gibt nicht allzu viele Bands, die das machen…
Aschregen: Mit der Frage triffst du genau den Punkt. Wir alle lieben Heavy Metal und jeder von uns bewegt sich seit Jahren in diesem Genre, ob als Musiker, Fotograf oder als Besucher von Festivals. Was uns dabei noch nicht begegnet ist, sind Bands, die den Versuch gestartet haben, das Ganze mit deutschen Texten zu versuchen. Deutsch ist kantiger und klingt oft abgehackter und rauer als die englische Sprache, aber gerade das haben wir als Herausforderung gesehen. Witzigerweise sind schon Kritiken aufgetaucht, die sich nur mit dem Gesang befassen und die Musik völlig außen vorlassen, was uns zeigt, dass sich gerade daran die Geister scheiden werden. Auch der Versuch, eine weibliche und eine männliche Stimme zu verwenden, die akzentuiert in verschiedenen Songs auftauchen, ist von uns gewollt. Zum Teil haben wir uns auch den Spaß gemacht, verschiedene Stimmlagen auszuprobieren, wobei uns aber wichtig war, verstehbar zu bleiben. Leider höre man heute häufig Bands auf Konzerten und Festivals, wo man nur erahnen kann, dass die Darbietung der Frontleute Gesang sein soll, weil man leider kein Wort versteht. Man kann die Texte dann nachlesen und sicherlich ist auch dies eine Kunstform, die ihre Anhänger hat. Uns war aber die Verstehbarkeit wichtig.
HL: Wer schreibt die Songs und die Texte, macht ihr das zusammen?
Aschregen: Unsere Songs entstehen im Prozess. Manchmal hat ein Bandmitglied die Idee für einen Riff und ein Song entsteht daraus. Eigentlich bringen alle Bandmitglieder Impulse ein, die dann letztendlich in den Songs verwirklicht werden. Chystal und Marc schreiben in der Regel die Texte, aber auch hier sind schon Ideen anderer Mitglieder der Band eingeflossen und umgesetzt worden. Das ist der Grund, warum die Songs auch auf der Platte nicht in den Punkten Musik und Text einzelnen Personen zugewiesen worden. Hierbei verstehen wir uns eher als Kollektiv… Widerstand ist zwecklos (lacht).
HL: Wie wichtig sind euch die Texte? Ich habe den Eindruck das sind oftmals eigene Erfahrungen und keine Fantasien-Themen, über die ihr singt.
Aschregen: Auch hier hast du den Punkt wieder getroffen. Viele Texte sind aus Erfahrungen oder Interessensvorlieben der Bandmitglieder entstanden. Der Song „Untot“ könnte z.B. als Homage an Serien wie „The Walking Dead“ gesehen werden, allerdings bietet die deutsche Sprache auch die Möglichkeit, den Text als Kritik an Menschen zu sehen, die in unserem System mitlaufen, ohne selbst zu denken oder sich einzubringen. Welche Variante man da für sich sehen will, darf dann der Hörer auch selbst entscheiden. „Rockgott“ ist eine Hommage an einen der genialsten Sänger des Genres Ronnie James Dio, kann aber auch als Hymne für die Szene gesehen werden. So stecken häufig Anspielungen in unseren Songtexten und Titeln, wie z.B. bei „Schnell Wie Ein Hai“ – auf wen könnte damit wohl angespielt sein, mit einem gleichzeitigen Hut Ziehen vor einer weiteren Größe des Genres. Allerdings gibt es auch ernstere Themen, wie im Song „Hey Christina“ der auf eine Person mit Depressionen beschreibt, die Schwierigkeiten hat sich in der Welt zurechtzufinden. Der Song „A.A. Argenteum Astrum“ spricht ein Gedankengebäude Aleister Crowleys an, das er im gleichnamigen Orden gelebt hat. Es geht um das Leben nach eigenem, freien Willen, immer in dem Gedanken diesen positiv umzusetzen. Solche Gedanken erscheinen uns in einer Welt, in der aus religiösen Gründen gemordet, unterdrückt und ausgebeutet wird als sehr positiv. Würden die Menschen ihre imaginären Herrscher ablegen, könnte mit Sicherheit ein wesentlich friedlicheres Miteinander entstehen. Wir könnten jetzt mit den anderen Songs fortfahren, das würde aber sicher den Rahmen sprengen – außerdem sollte man noch etwas Raum für Spekulationen von außerhalb lassen.
HL: Was sind die nächsten Schritte für die Band wird ein Video gedreht und was können wir live von euch erwarten?
Aschregen: Wir sind in der Vorproduktion für neue Songs, die dann sicherlich wieder zu einem Video und einem Tonträger führen werden. Liveauftritte sind in Planung und werden von uns auf unserer Facebook-Seite und der entstehenden Homepage angekündigt werden.
HL: Wie setzt ihr eure Ziele, wenn es doch so schwer ist mit dieser Musik Geld zu verdienen? Warum macht ihr es trotzdem, was treibt euch an?
Aschregen: Den Anspruch, Geld zu verdienen, haben wir zum Glück nicht, weil wir alle einen Job haben, der uns unser Leben ermöglicht. Ziel sollte sein, das Musik Machen nicht auch noch finanzieren zu müssen, sondern zumindest kostendeckend zu arbeiten. Leider wird dies im Musikgeschäft immer schwieriger, zumal es immer mehr Leute gibt, die meinen, Musiker würden gerne ohne Gage spielen, weil sie damit die Chance hätten, bekannt zu werden. Wir freuen uns, dass wir mit unserem Label einen guten Partner gefunden haben und eine gute Zusammenarbeit möglich ist. An dieser Stelle wollen wir uns auch noch einmal bei Eric Philippe bedanken, mit dem wir in Bezug auf unser Plattencover eine tolle Zusammenarbeit hatten. Solche Kooperationen sind schön und wichtig, ein ausgeglichenes Geben und Nehmen. Wenn es so ist sind wir zufrieden… und der Motor ist und bleibt der Spaß dabei.
HL: Ein letztes Wort an die Hardline Leser.
Aschregen: Da es das letzte Wort ist, bedanken wir und bei allen, die schon einmal die Zeit gefunden haben, bis hierhin zu lesen. Wir hoffen ihr habt Spaß an unserem etwas ungewöhnlichen Projekt. Vielleicht kauft sogar der eine oder andere unser Album, das würde uns sehr freuen. Ansonsten verliert nie den Spaß am Metal… und macht es so wie Marc, der hat im letzten Jahr über 200 Bands live gesehen. Rock on! Das ist das Motto und vielleicht sehen wir uns mal irgendwo.

Text: Rainer Krusch