Interviews

Großes Interview mit DESTRUCTION: Wir sind und bleiben eine physische Band, wo der Schreibprozess NIEMALS während einer Tour gestartet wird!

Sie gründeten sich im Jahr 1982, veröffentlichten bislang 15 Studioalben und haben sich dem Thrash Metal verschrieben: Die aus Weil am Rhein stammende Band Destruction. Mit ihrem jüngsten Baby „Diabolical“ konnten die Metaller um Frontmann und Bandgründer Marcel „Schmier“ Schirmer mit Platz 12 in den deutschen Albumcharts ihren bislang höchsten Einstieg verbuchen, sie sind also im Jahr 41 nach Bandgründung angesagter denn je. Auf dem Rockharz-Festival nutzen wir die Möglichkeit, uns mit Schmier über eben diesen Erfolg, aber auch über diverse andere Themen zu unterhalten.

Diabolical

Hallo Marcel, hallo Martin, Moin Moin wie wir in Norddeutschland sagen! Mein Freund und Redakteurskollege Wolfgang hatte euch ja bereits im Frühjahr 2022 zu einem großen Interview zum Album „Diabolical“ Fragen zukommen lassen. Seitdem ist eine Menge passiert, unter anderem erblickte euer neues Werk nach dem damaligen Interview das Licht der Welt und platzierte sich sensationell auf Platz 12 der deutschen Albumcharts. Seid ihr da nicht vor Stolz geplatzt und habt ihr den Erfolg gebührend gefeiert?

Schmier: Es ist definitiv ein Achtungserfolg, wer hätte denn damals bei Bandgründung nur im Ansatz gedacht, dass wir überhaupt jemals in die Charts kommen würden. Und klar haben wir den Erfolg gefeiert, allerdings gesitteter, als es wohl vor zwanzig Jahren der Fall gewesen wäre (lacht).

Martin Furia: Ganz ehrlich? Ich bin mega stolz auf diesen Erfolg. Es war mein erster Einsatz in einer deutschen Band und dann gleich so hoch in den deutschen Albumcharts. Ich bin Schmier dankbar, dass ich Teil dieses Erfolges sein darf, dass er mir das Vertrauen geschenkt hat als Nachfolger vom Gründungsmitglied  Michael Sifringer bei Destruction mitwirken zu dürfen.

Ihr seid mit dem neuen Album nach 20 Jahren Zusammenarbeit von Nuclear Blast in Richtung Napalm Records gewechselt. Was waren eigentlich die Gründe und hat der hohe Charteintritt eventuell damit sogar etwas mit dem Wechsel zu tun?

Schmier: Es hat sich bei Nuclear Blast in den letzten Jahren eine Menge verändert. All unsere Ansprechpartner, die wir in den letzten 20 Jahren hatten, sind nicht mehr da. Dazu gibt es mit Believe einen neuen Inhaber, der im digitalen Bereich einen wirklich guten Job macht. Aber wir sind eher eine physische Band, physische Sachen wie Vinyl oder auch die Zusammenarbeit mit den diversen Metal-Magazinen gehört für uns einfach dazu. Und da der neue Geschäftsführer und klar mitgeteilt hatte, in welche Richtung es gehen sollte, haben wir den auslaufenden Vertrag halt nicht verlängert. Des Weiteren hat Napalm uns schon seit längerem immer mal wieder angesprochen, ob wir uns eine Zusammenarbeit vorstellen könnten. Aus unserer Sicht war genau jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, diesen Wechsel zu vollziehen. Ich möchte die Zeit bei Blast wirklich nicht missen, jetzt aber sind wir bei Napalm, was uns alle sehr freut.

Schmier, du meintest im Interview zur Corona-Phase „Ohne Publikum ist der Musikerjob einfach ein Scheißjob“, was ich definitiv nachvollziehen kann. Wie aufgeregt warst du, als es endlich wieder losging und weiß man die Live-Gigs nach dieser Pandemiezeit mehr zu schätzen? Oder ists mittlerweile wieder Daily Business, ist es im Prinzip wieder wie vor der Corona-Phase?

Schmier: Der Mensch geht wieder schnell zurück zur Normalität, von daher ists tatsächlich schon wieder ein wenig „Daily Business“. Was wir aber nie vergessen werden, sind diese Jahre während der Pandemie, die wirklich scheiße waren. Denn ohne Publikum geht gar nichts, das gilt für alle in dieser Branche. Von daher wertschätze ich den Fakt, endlich wieder auf Festivals oder eigene Shows spielen zu können, genau DAS ist es, was ich am liebsten tue. Einige Menschen lieben Bungee-Jumping, andere Fallschirmspringen und ich gehe halt für mein Leben gerne auf die Bühne.

Martin Furia: Ich denke, dass alle Musiker mehr als erfreut sind, wieder live performen zu können. Ich kenne tatsächlich einige Personen, die sich komplett vom Musikbusiness abgewendet haben und nun ganz anderen Tätigkeiten nachgehen. Was mich angeht, war die Pandemie die Zeit, wo ich bei Destruction eingestiegen war, für mich begann also alles in dieser Phase. Was mich berührt ist, dass wir als Band nach wie vor relevant für die Fans sind, hast du die ganzen Moshpits während unserer Show gesehen? Unglaublich! Was mir zudem bei vielen Personen auffällt, mit denen ich mich unterhalte, ist, dass viele diese zwei Jahre Pandemie ausklammern, so als wenn es diese Zeit nicht gegeben hat, so, als wenn sie während dieser Phase in einer Zeitmaschine gesessen haben.

Live auf dem Rockharz-Festival in Ballenstedt / Pic-Credit by A.Stock

Ihr habt auf der ganzen Welt performt, gibt es für dich diesen einen Ort, der dir besonders im Kopf geblieben ist. Gibt es ein Festival, auf dem du im Prinzip am liebsten jedes Jahr spielen würdest?

Schmier: Natürlich ist Wacken immer zu nennen, allerdings würde ich auf deine Frage nach dem Festival, welches am meisten hängengeblieben ist, Rock in Rio nennen. Dieses ist in Brasilien ein ganz ganz großes Ereignis, welches sogar live im Fernsehen übertragen werden. Am Tag nach dem Auftritt flogen wir wieder weiter, selbst am Flughafen standen noch Fans, um uns zu verabschieden. Und selbst die Pass-Kontrolleure haben kurz ihre Arbeit für Selfies mit uns unterbrochen, es war wirklich unglaublich!

Martin Furia: Ich kann mich da Schmier nur anschließen, Rock in Rio ist unglaublich … und zudem unglaublich laut (lacht). Dann würde ich noch Graspop oder auch Hellfest nennen, auch wirklich grandiose Orte hier in Europa. Und ich als Südamerikaner komme natürlich auch nicht Rock al Parque in Kolumbien vorbei, immer an die 100.000 Fans vor Ort, immer mit riesengroßen und auch mehreren Moshpits, während wir unsere Gigs haben.

Kurz noch einen Abstecher in Richtung neue Songs. Das Album „Diabolical“ ist nun zirka 1 ¼ Jahr alt, sind schon neue Songs in der Pipeline, eventuell sogar schon fertig? Ich frage, weil ihr meist alle drei Jahre einen neuen Longplayer veröffentlicht, ergo wäre so bummelig Halbzeit ….

Schmier: Bei mir ist es tatsächlich so, dass ich fürs Songschreiben Ruhe brauche, sprich, während der Tour passiert da nichts. Ich genieße gerade die Liveshows und denke dann auch an nichts anderes. Wenn ich dann ab Winter wieder zu Hause bin und ich mich fit fühle, lege ich los. Ich könnte mir vorstellen, dass die neue Platte Ende 2024, vielleicht aber auch Anfang 2025 veröffentlicht wird. Das schöne dabei ist, dass wir als Destruction keinen Druck von der Plattenfirma bekommen.

Schmier, du arbeitest mittlerweile auch als Produzent, unter anderem bei den Alben der Burning Witches. Welche Art von Produzent bist du? Bist du derjenige, der die Band begleitet, sich aber sonst zurückhält und die Entscheidungen der Gruppe überlässt oder bist du während der Aufnahmephase das fünfte Mitglied der Band?

Schmier: Ich versuche die Band zu verstehen und herauszukitzeln, was die Band am Ende ausmacht. Ich kann die Band halt mit jeder Menge Erfahrung aus dem Business unterstützen, gebe als Person „outside the circles“ Tipps, die meist auch angenommen werden (lacht).

Schmier, Martin, das war es in aller Kürze, ganz lieben Dank für deine Zeit, viel Spaß bei den kommenden Live-Auftritten, vor allem aber, bleibt gesund! Die letzten Worte sind eure …

Schmier: Wir sagen Danke an alle, die uns die Treue gehalten haben und nach wie vor Tickets für unsere Shows und unsere Alben kaufen. Für nächstes Jahr ist noch ein Auftritt in Kombination mit Sodom, Tankard und Kreator geplant, es steht also noch einige auch im nächsten Jahr an ….

Text: Alexander Stock