Interviews

Das Interview: Ben Zucker – Rocker im Schlagerwolfsfell

Ben Zucker, geboren im August 1983 in Ueckermünde begann zwar früh mit dem Singen, der Erfolg stellte sich jedoch erst im gestandenen Alter von weit über 30 Jahren ein. Seit dem Jahr 2017 und dem (Schlager-rockendem) Album „Na und?!“ perform der Junge aus Meck-Pom in der ersten Liga. Nun steht das Album Nummer drei, getauft auf den Namen „Jetzt erst recht!“ in den Regalen des Fachhandels, ein guter Grund für uns, mit ihm über das neueste Werk und andere Themen zu unterhalten.

Hardline: Hallo Ben, ganz lieben Dank, dass du dir trotz deiner Corona-Erkrankung Zeit für unsere Leser nimmst! Dann unseren Glückwunsch zu einem weiteren tollen neuen Album, bei dem ich mehrere Songs mit sehr viel Live-Potential erkenne. Bevor wir aber zu diesem neuen Album kommen, würde ich gerne einen Step in deine Vergangenheit gehen. Du bist 1983 in Ueckermünde zur Welt gekommen, welche Musiker, welche Bands haben dich fasziniert und was gab den Ausschlag, dass du Sänger wurdest?

Ben Zucker: Hallo Alex, sehr gerne und danke für die Glückwünsche! Ich bin komplett mit Rock und Metal groß geworden, wenn ich an die Alben „Bleach“, „Nevermind“ oder „In Utero“ von Nirvana oder aber auch an Gruppen wie Pearl Jam oder kurze Zeit später Radiohead denke, da fühle ich mich immer wieder zu Hause. Dazu dann noch die Gruppe Tool und der Tag ist gerettet. Absoluter Hero für mich ist und war Curt Cobain, ich habe nie wieder einen Sänger gehört, der so Emotionen transportiert hat wie er. Er war im Prinzip der Grund, dass ich angefangen habe, Texte zu schreiben, zu musizieren zu covern und für alles andere.

HL: Sozusagen der Rocker im Schlagerwolfsfell! Dann unterscheidet sich – zumindest stilistisch – der Musiksound deiner Jugend sich doch um einiges von den Songs auf deinem neuen Album „Jetzt Erst Recht“.

Ben Zucker: Da unterscheiden sich tatsächlich die Versionen auf dem Album und wie sie dann live rübergebracht werden. Wenn ich aktuell anfange, Songs zu kreieren, dann schlagen noch immer zwei Herzen in meiner Brust, wissend, dass ich meine Anhänger in den Songs schon die ein oder andere Kante zumuten kann, aber es muss halt alles in einem gewissen Rahmen bleiben. Live hingegen kommen dann tatsächlich E-Gitarren statt der akustischen Ausführung zum Einsatz, dann geht es zum Teil ordentlich zur Sache!

HL: Und diese Gitarren werden dann – so lassen es die Bilder zumindest vermuten – von dir gespielt, richtig?

Ben Zucker: Ja, wenn ich live auftrete, was hoffentlich in naher Zukunft wieder der Fall sein wird, spiele ich sowohl akustische als auch E-Gitarre. Wobei man fairerweise sagen muss, dass ich da den Musikern aus meiner Band nicht wirklich das Wasser reichen kann.

HL: Dann bist du im doch für ein Debüt-Album fortgeschrittenen Alter von 34 Jahren Erfolgs-mäßig gleich komplett durch Decke gegangen, Fünffachgold, über 129 Wochen in den deutschen Album-Charts, und das mit einem teils rockigerem Schlager, gut gepaart und abgestimmt auf deine raue Stimme. Wie hast du diesem kompletten Hype um deine Person mitbekommen und wie hast du es geschafft, auf dem Boden zu bleiben?

Ben Zucker: Als sich dieser wahnsinnige Erfolg mit dem ersten Album doch sehr rasch entwickelte, explodierte es an allen Ecken und Enden. Mein Handy stand auf einmal nicht mehr still, mein Instagram Account ging durch die Decke. Ich fühlte mich gut, richtig gut und habe es genossen, aber ansonsten bin ich eigentlich immer noch der, der ich vor Jahren gewesen bin. Denn bevor ich erfolgreich war, gab es durchaus Phasen, die ich mal als schwierig bezeichnen würde. Habe bunte Briefe nach Hause bekommen, diverse Jobs angenommen, um zumindest mal die Miete bezahlen zu können. Und da meine Familie in dieser Phase immer für mich da war, brauche ich dort jetzt nicht den großen Macker zu spielen.

HL: Dann kam das Album Nummer zwei, „Wer sagt das?!“, mit dem du zum ersten Mal die Nummer Eins geknackt, wie stolz ist man auf ein solches Ergebnis?

Ben Zucker: Natürlich ist es schöner, wenn man den Marathon durch die Charts geht, aber das Gefühl, Nummer Eins zu sein ist … unbezahlbar!

Foto-Credits by Ben Wolf

HL: Jetzt der dritte Streich mit „Jetzt erst recht!“, wie sehr setzt man sich selbst unter Druck, die riesigen Erwartungshaltungen der vielen Fans zu erfüllen?

Ben Zucker: Also was ich tatsächlich nicht mache ist, einen erfolgreichen Song von mir zu covern, nur weil er erfolgreich war. Ich wollte an einigen Stellen neue Akzente zu setzten, habe zwar keine E-Gitarren implementiert, dafür aber unter anderem Trompete und Chor, was ich bis dato auch noch nicht machte.

HL: Ich habe beim Hören mich immer wieder bei dem Gedanken ertappt „hier könnte jetzt ein kurzes Gitarren-Solo eingefügt werden“ oder „wenn man bei dem Refrain ein wenig mehr Bombast eingebracht hätte, würde es tatsächlich ein wenig in Richtung Sabaton gegangen“. Nimm diesen Wunsch für Album Nummer vier einfach mal mit (lach). Kurz einige Daten und Infos zum neuen Werk, wie lange haben die Arbeiten am Album gedauert, vom ersten Wort bis zum Abschluss der Aufnahmen? Stammen alle Texte und Musik von dir?

Ben Zucker: Also alles in allem dauerte es so um die neun Monate. Ein Großteil der Texte stammt von mir, lasse mir aber zwischendurch auch gerne von Freunden helfen, wichtig ist es, am Ende einen wirklich tollen und ausdrucksstarken Song fertigzustellen. Das mit deinen Wünschen kann gerade ich gut nachvollziehen und hätten durchaus auch gepasst. Aber wie schon geschildert, sind die Live-Versionen der Lieder wirklich anders, wirklich rockiger als die Versionen auf dem Studio-Album. Und aus musikalischer Sicht kann ich dich sogar verstehen, da ich Bands wie die Scorpions oder Sabaton natürlich kenne.

HL: Achtest du beim Kreieren neuer Songs unterbewusst darauf, dass die Lieder auch live funktionieren? Gerade „Auf Uns“ bietet sich ja praktisch als sogenannter Rausschmeißer an ….

Ben Zucker: Auf den Punkt gebracht! Es wird in jedem Fall der letzte Song der Konzerte werden. Zu den Songs: Beim ersten Album tatsächlich nicht, aber ab dem zweiten mache ich mir schon Gedanken, ob und wie die Lieder live funktionieren können.

HL: Das Album wird nun in der dritten Corona Welle veröffentlicht, gab es Überlegungen, den Release in den Herbst zu verschieben?

Ben Zucker: Ganz klares nein! Wir spekulieren ein wenig darauf, im Herbst wieder live performen zu können und dann wären die neuen Songs A) nicht zuuu alt und B) die Fans dann textsicher (lach).

HL: Nun hast du dich selbst mit dem Virus infiziert, wie macht sich dieser bemerkbar, wie geht es dir?

Ben Zucker: Tatsächlich wirklich gut. Wir der Vorbereitung auf ein Stream Konzert hat sich wohl jemand aus dem erweiterten Team angesteckt. Es gingen dann als Folge sofort für alle in Quarantäne. Am Ende der sieben Tage ging ich dann noch einmal zum Testen und hab zu ersten Mal in meinem Leben dann zwei rote Striche gesehen. Was Corona positiv bedeutete. Aber wie berichtet, es geht mir tatsächlich gut, hatte nur leichte Symptome. So leicht, dass ich es ohne Test gar nicht als Corona wahrgenommen hätte, ich habe da wirklich Glück gehabt

HL: Ben – ganz lieben Dank für die investierte Zeit, wir vom Hardline wünschen trotz fehlender Gitarren alles Gute für das neue Album, danke für deine Zeit aber vor allem, werde und bleibe dann gesund!

Text: Alexander Stock