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Großes Interview: Sündenrausch lassen fremdsprachige Songs aus dem Käfig

Sie kommen aus der Hansestadt Hamburg, gründeten sich vor zehn Jahren und veröffentlichten bislang drei Studio-Alben und eine EP, die Dark-Rock-Formation von Sündenrausch. Mittlerweile als Duo unterwegs, veröffentlichen Sängerin Kira Sinister und Gitarrero Michael Albers nun Ende März den neuen Longplayer, getauft auf den Namen „Original Sin“. Zu diesem Ereignis konnten wir vom Hardline Magazin die beiden zu einem ausgiebigen Face-to-Face Interview begrüßen.

Hardline: Hallo ihr beiden, Moin Moin wie wir ja hier in Hamburg sagen. Ganz lieben Dank, dass ihr euch kurz Zeit für ein Treffen genommen habt und Glückwunsch zum zweiten Studio-Album! Bevor wir zum neuen Longplayer kommen, kurz zu eurer Geschichte. Wie ich lesen konnte, habt ihr euch ursprünglich als Quintett Ende 2011 gegründet, seid aber seit 2014 als Duo am Start. Erzählt doch bitte mal ein wenig von euch, noch nicht jeder in der Republik kennt euch, wie habt ihr euch kennengelernt, warum die Reduzierung auf ein Duo, habt ihr Vorbilder? Würde man mich nach eurem Stil fragen, fiele mir als Erstes der Name L’Âme Immortelle ein …

Kira Sinister: Ich hatte mit dem damaligen Keyboarder losgelegt und über Bandnet, einem damaligen Anzeigen-Portal für Bands und Musiker dann noch drei Mitglieder dazugewonnen, unter anderem Michael. Nach einiger Zeit und einigen Gigs hat sich die Band dann durch ganz unterschiedliche Gründe wie Umzug, Auslands-Aufenthalte usw. auseinanderdividiert. Als ich von meinem Auslands-Semester zurückkam, habe ich dann Michi mit der Frage konfrontiert, ob wir nicht zu zweit wieder etwas starten wollen.

Michael Albers: Genauso war es. Waren wir bis zum Split noch eher Pop-Rockig unterwegs, wollten wir bei der Neuaufnahme in die etwas düstere Ecke gehen, was wir dann bei unserem ersten Album aber auch bei der folgenden EP bzw. dem Minialbum dann auch umgesetzt haben.

HL: Wie entstand der Bandname?

Kira Sinister: Beim Bandnamen war ich die Urheberin, tatsächlich aus einer Rotwein-Laune heraus. Leider kann ich dir jetzt keine reißerische Story darüber präsentieren, ich wollte sowohl einen coolen als auch weiblichen Namen haben, und da war Sündenrausch der Name, der aus meiner Sicht beides vereinte.

Kira Sinister, Pic by Stefan Weeber

HL: Wie seid ihr beiden denn zur Musik gekommen?

Kira Sinister: Gesungen habe ich eigentlich schon immer, meine Mutter hatte mich schon in sehr jungen Jahren in einen Schul-Chor gesteckt, zudem bekam ich Privat-Unterricht, damit ich meine Schüchternheit verliere und mich traue, auch vor Menschen, vor Publikum zu singen. Mit zirka 15 Jahren war ich dann Mitglied meiner ersten Band, so nahm es dann seinen Lauf.

Michael Albers: Meine Einflüsse an der Gitarre waren definitiv Pink Floyd und hier David Gilmour. Dazu kamen Bands wie Rush oder auch Roxette, die aus meiner Sicht zeitlose Songs kreiert haben. Ab ungefähr meinem 15. Lebensjahr hatte ich einen Gitarren-Lehrer, weil ich allein mich nicht mehr entwickeln konnte.

Hardline: Dann seid ihr sowohl beim Erstlingswerk als auch beim neuen Werk „Original Sin“ in den professionellen Händen von Chris Harms, Eicke Freese und Benjamin Lawrenz. Wie kam dieser Kontakt zustande?

Kira Sinister: Im Jahr 2013 haben wir Chris auf einem unserer Konzerte kennengelernt. Er wurde von uns eingeladen, mit dem Ziel, dass er bei uns Bandtrainer, Bandcoach machen sollte. Warum dieses nicht klappte, kann ich dir nach all den Jahren gar nicht mehr so genau sagen. In jedem Fall stehen wir seit diesem Ereignis mit Chris in Verbindung und er war bei all unseren Projekten involviert. Und über Chris sind wir dann mit Eike in Kontakt gekommen

Michael Albers: Und mit Eike ist es das entspannteste Arbeiten überhaupt, der lässt sich wirklich durch nichts aus der Ruhe bringen.

Hardline: Wie entstehen Songs im Hause Sündenrausch und wie viel Einfluss kommt vom Produzenten-Team?

Michael Albers: Das ist komplett unterschiedlich! Mal singt Kira mir einen Refrain und ich erarbeite dann den Song dazu, mal habe ich eine Riff-Idee ohne nur ein einziges Wort zu haben, schicke diesen dann zu Kira und bei ihr entsteht dann der Text dazu.

Hardline: Wessen Idee war das Duett „Original Sin“ mit Chris Pohl, seines Zeichen Sänger bei Blutengel und wie kam der Kontakt zustande?

Kira Sinister: Ich habe vor zirka fünf Jahren die Gruppe Blutengel einfach mal mit der Frage kontaktiert, ob wir von Sündenrausch sie nicht bei der nächsten Tour supporten können. Einige Zeit später hat Chris geantwortet, dass man gerne mal gemeinsam etwas starten kann. Bei einem Konzert in Hamburg haben wir uns dann getroffen und unterhalten. Die Folge aus diesem Gespräch war, dass ich einen Song geschrieben habe (das Duett „Briefe an Dich“ ist auf der Blutengel EP „Damokles“ zu hören) und dass wir die Band dann in Magdeburg tatsächlich supporten durften. Chris ist ein wahnsinnig entspannter, humorvoller und freundlicher Frontmann und wir freuen uns riesig, dass wir mit ihm nun den Titeltrack gemeinsam kreieren konnten.

Hardline: Wie lange dauerten insgesamt die Arbeiten am neuen Album, ich konnte lesen, dass ihr 2021 ein Crowdfunding gestartet habt, waren zu diesem Zeitpunkt schon Songs fertig oder wartet man erst einmal ab, ob so eine Aktion überhaupt erfolgreich ist?

Michael Albers: Wir haben den gesamten ersten Lockdown fürs Songwriting genutzt, den letzten Song für das neue Album haben wir allerdings erst kurz vorm Studio fertiggestellt. Insgesamt waren es am Ende schon 18 Monate, die wir benötigt haben.

Michael Albers, Pic by Stefan Weeber

Hardline: Ihr veröffentlicht auf „Original Sin“ die Songs in englischer Sprache, ein großer Unterschied zu allen rein deutschen Vorgängern (Ausnahme der Song „Gods and Monsters“ von der EP „Zeitgeist“, wessen Idee war dieser sprachliche Wechsel und warum dieses?

Kira Sinister: Es begann im Prinzip mit dem Coversong „Gods and Monsters“, der bei den Hörern richtig gut angekommen war. Da entstand sowohl bei uns als auch den Fans der Wunsch „mehr davon“.

Michael Albers: Absolut richtig. Zumal ich finde, dass Kira dieses auch richtig gut beherrscht, es hört sich nicht so an, als wenn eine Deutsche englisch singt. Mich schaudert es immer ein wenig, wenn ich Sänger bzw. Sängerinnen höre, wo man sofort mitbekommt, dass er oder sie aus deutschen Landen kommt.

Kira Sinister: Ich finde es um einiges einfacher, in Englisch zu schreiben, denn A) ist deutsch eine sehr harte Sprache, B) lässt es sich im Englischen viel besser reimen. Ich denke, dass wir zukünftig in englischer Sprache bleiben, ohne mich da aber endgültig festlegen zu wollen. Wie Michi es schon sagte, ein guter Song ist ein guter Song, unabhängig von der Sprache.

Michael Albers: Wobei man last but not least auch anmerken muss, dass Songs in englischer Sprache viele Menschen mehr erreicht als Lieder in deutscher Sprache. Die Streaming-Zahlen sprechen da eine eindeutige Sprache, gerade die Zahlen aus Amerika sind, für uns völlig überraschend, sehr hoch, nach Deutschland ist Amerika aktuell Nummer zwei.

Hardline: Gibt es persönliche Favoriten auf dem Album? Ich stelle die Frage wissend, dass all die neuen Songs eure Babys sind. Um mal anzufangen, meine sind die beiden Duette „Original Sin“, „Mortals“, „Colide“ und „Halo.“

Michael Albers: Meine sind „Black Water”, „The Lost Ones” „Colide, „Trapped In Limbo”. Wobei auch „Red Sun” richtig klasse geworden ist … du hast schon recht, so einzelne Songs rauszupicken ist tatsächlich echt schwierig.

Kira Sinister: Ich mag „Necromancy“ sehr gerne, weil es wirklich sehr viel Spaß macht, diesen zu singen. Und dann ist da noch „The Lost Ones“, eigentlich von Anfang an mein absoluter Favorit auf diesem Album, weil er A) sehr eingängig ist und B) live aus meiner Sicht gut funktionieren wird.

Hardline: Diese Ansicht teile ich! Ab Mitte März wird der Silberling dann auch offiziell aus dem Käfig gelassen, die Corona-Auflagen weichen immer mehr auf, habt ihr vor, das neue Material auch live zu präsentieren? Als Festival würde mir spontan das M’era Luna im August einfallen …

Kira Sinister: Das M’era Luna würde uns ebenfalls einfallen, allerdings ist aktuell schwierig, auf die Liste zu gelangen, weil diese ja seit zwei Jahren mit diversen Künstlern bereits besetzt ist. Dieses gilt aber nicht nur für dieses Festival, sondern für viele andere mehr ebenfalls. Aber man weiß ja nie, wir wollen in jedem Fall die neuen Songs auch live präsentieren, also auf deine Frage ein klares JA!

Sündenrausch, Pic by Stefan Weeber

Hardline: Apropos live, ich konnte lesen, dass ihr einen Bassisten und Schlagzeuger zur Unterstützung auf der Bühne habt, war kein Platz mehr für einen Keyboarder? Ich meine doch, diverse elektronische Elemente (Beispiel „Original Sin“ oder „Halo“) gehört zu haben …

Michael Albers: Das Keyboard kommt ehrlicherweise zumindest im Moment noch aus der Konserve. Wir müssen auch aus finanziellen Gründen darauf achten, dass die Crew so klein wie möglich gehalten wird. Klar ist unsere Hoffnung, dass wir irgendwann auch mit einem Keyboarder auf der Bühne stehen, denn man ist dann bei den Gigs einfach unabhängiger. Wichtig ist es, überhaupt wieder live auftreten zu können, denn bislang scheuen noch viele, Touren im größeren Stil zu planen. Es sind immer noch viele Fragen offen, in welcher Kapazität darf ein Club überhaupt Zuschauer hereinlassen, wenn es 30% – 50% sind, rechnet es sich für die meisten gar nicht. Dazu kommt dann noch die Zurückhaltung der Fans, sich Karten im Vorverkauf zu holen, nicht wissend, ob sie, wenn das Konzert nicht stattfinden sollte, überhaupt ihr Geld wiederbekommen oder ggfls. nur ein Gutschein. Teilweise werden bis zu 30% und mehr als Bearbeitungsgebühr berechnet, was nachvollziehbarerweise ebenfalls viele Fans abschreckt, sich Karten im Vorverkauf zu beschaffen.

HL: Nach dem Album ist vor dem Album, wie ist der aktuelle Stand der Dinge?

Kira Sinister: Wir schreiben tatsächlich schon neue Songs für einen Nachfolger, denn wir können aktuell noch nicht wirklich abschätzen, wie voll der Terminkalender wirklich werden wird und da kann es durchaus sein, dass das nächste Album rasch folgen kann …

HL: Dann drücken wir sowohl fürs neue Album aber auch für hoffentlich folgende Live-Gigs ganz fest die Daumen. Danke für eure investierte Zeit, bleibt gesund!

suendenrausch.com

Text: Alexander Stock

Pic by Stefan Weeber