Interviews

Unser Interview mit Eros Atomus: Ein Kosmopolit auf dem Weg zum ESC

T

Eros Atomus Isler, geboren im Jahr 2000, kann man durchaus als Weltbürger bezeichnen, wuchs er doch in fünf Ländern auf und spricht sieben Sprachen. Mit seinem neuen Song „Alive“, mit dem er gerade in dieser extrem angespannten Phase den Nerv vieler trifft, nimmt dieser Weltbürger, gebürtig aus dem Freistaat Bayern, nun am deutschen Vorentscheid zum „ESC“ 2022 in Turin teil. Wenige Tage vor dem Auftritt hatten wir vom Hardline Magazin die Möglichkeit, uns mit Eros zu treffen ….

Hardline: Hallo Eros, Moin Moin! Du bist 21 Jahre jung und hast mit deinen jungen Jahren bereits jetzt schon eine unglaubliche Vergangenheit. Laut Lebenslauf hast du bereits in den USA, in den Niederlanden, in Italien, in der Karibik auf Curaçao und in China bei einer Gastfamilie gelebt, hast zudem elf Geschwister. Erzähl doch bitte, wie es zu so vielen verschiedenen Wohnorten/Ortswechseln kommt und was du selbst unter dem Begriff Heimat empfindest …

Eros Atomus: Ich glaube, dass meine Eltern generell anders sind als andere (lacht). Es ist spannend, die Welt kennenzulernen. Schulisch war ich noch komplett hier in Deutschland dabei, hab mein Abi in Flensburg, welches für mich auch der Heimathafen geworden ist, gemacht. Geboren in Bayern, nach drei Wochen direkt für zwei Jahre nach Amerika, danach Rotterdam zwei Jahre, vier Jahre Köln, dann im Alter von acht Jahren nach Flensburg, dann ein Auslands-Jahr in China, auch um die Sprache zu lernen. Danach Flensburg, Italien, dann Curaçao. Aber es hat alles seine Vor- aber auch Nachteile, auf der einen Seite siehst du extrem viel, lernst viele Sprachen und die Welt kennen, auf der anderen Seite steht man natürlich immer wieder am Anfang, muss immer wieder neue Freunde suchen. Meine Eltern waren 24/7 am Arbeiten, waren selbstständig, konnten keinen Urlaub nehmen, daher hieß Urlaub für uns Umziehen (lacht).

EROS ATOMUS / Foto Credits by Franz Schepers

HL: Gerade China, Peking war in den letzten zwei Wochen durch Olympia in medialen Blickfeld und schnitt eher negativ ab. Was kannst du, der dort gelebt hat, von dem Land berichten.

EA: Ich bin immer wieder überrascht, welches Bild man hier über dieses Land hat, höre häufig „ich würde niemals in diesem Land leben wollen.“ Ich habe China anders kennengelernt, habe aber auch mitbekommen, dass man sich mit kritischen Kommentaren zu bestimmten Dingen zurückhalten sollte. Aber um ehrlich zu sein, halte ich mich aus politischen Themen gerne raus. Ich finde es extrem wichtig, dass wir als Welt zusammenhalten, egal ob Amerikaner, Chinesen oder Russen. Und wenn man die Nachrichten gerade verfolgt, macht einen die Situation nur traurig.

HL: Absolut! Deswegen kommen wir zu einem etwas freundlicheren Thema, zu dir und deiner Musik. Stimmt die Mär, dass du nur Gitarre gelernt hast, um die Mädels zu beeindrucken?

EA: Jein, beeinflusst wurde ich damals von Interpreten wie Lena Meyer-Landrut oder Michael Schulte. Diese Künstler im Kopf, habe ich mir eines Tages einfach die Gitarre meines Bruders geschnappt und losgelegt.

HL: Du spielst die Gitarre teils liegend auf den Oberschenkeln, wer hat dir diese Technik beigebracht, gesehen habe ich diese in dieser Form noch nicht …

EA: Eigentlich ist meine Spielart für einen Musiker die bessere, weil man viel mehr Möglichkeiten hat, zudem hört man sich selbst viel besser. Das erste Mal, als ich so gespielt habe, wurde ich sofort kritisiert, dass ich es scheinbar falsch mache. Was aber spricht dagegen, offen für anderes zu sein, was anderes als die Norm mal auszuprobieren?

HL: Aus meiner Sicht nichts. Dann warst du 2018 Teil von „The Voice“ bei den Erwachsenen, erzähl doch kurz über dieses Format, welches sich ja durchaus positiv von DSDS unterscheidet, weil keine Kandidaten vorgeführt werden. Wie oft muss man zum Beispiel bei wem vorsingen, um überhaupt in die Blind Audition zu gelangen, wie wichtig waren für dich die Promi-Coaches?

EA: Mir haben die Coaches schon geholfen, haben alle einen wirklich tollen Job gemacht. Am Anfang war ich mit 40 bis 50 Leuten in einem Raum, von denen jeder wirklich gut singen konnte. Wir durften ausschließlich A-Cappella performen, insgesamt kamen nur drei bis vier weiter. Ich stand dann im Wettbewerb mit Berufsmusikern usw., kam aber immer eine Runde weiter, bis ich halt im Finale stand, eine tolle und zugleich wichtige Erfahrung.

HL: Nun also einer der Bewerber für den diesjährigen ESC, der hoffentlich trotz des Krieges stattfindet. Beschreibe doch mal den Weg bis zum Vorentscheid …

EA: Es begann im Prinzip mit einem Anruf, habe dann einen Song eingereicht, durfte danach in Berlin bei einigen Radio-Stationen performen. Dann war ich am Ende unter den Top-Sechs, musste den Song an den Start bringen, durfte ein Video drehen und musste dann den Song „Alive“ vermarkten. Es klingt jetzt recht entspannt, war aber ein zeitlich sehr anspruchsvoller Ritt. Eigentlich benötigt ein guter Song ein wenig mehr Zeit, eventuell ein Grund, warum es ab und an beim ESC etwas weniger erfolgreich war. Von den sechs Teilnehmern bin ich tatsächlich der absolute Underdog, mal schauen, was am Ende da herauskommt. Den Song haben wir in den Hamburger Chameleon Studios aufgenommen und sind extrem happy mit diesem Song. Eike und Chris haben da wirklich einen Riesen-Job gemacht, Chris unterstützt mich zusätzlich am Cello in meiner Begleitband beim Auftritt am vierten März beim Vorentscheid. Mir ist aber auch die Message bei diesem Song wirklich wichtig, gerade in diesen schwierigen Zeiten. Lebt das Leben, nutzt eure Zeit!

Eros Atomus mit „Alive“

HL: Du hast deinen musikalischen Geschmack als vielfältig beschrieben, von Beatles bis hin zu Beethoven. Wir vom Hardline sind in den Genres Rock und Metal zu Hause, kennst du dich auch hier ein wenig aus, hast du eventuell sogar Bands, von denen du Alben dein Eigen nennen kannst?

EA: Je älter ich werde, desto mehr gehe ich in die Richtung Rock, gerade beim Sport eignet sich dieses Genre extrem gut. Ich bin mit den Arctic Monkeys aufgewachsen und jetzt gerade beim Indie Rock hängengeblieben.

HL: Nun gibt es aus dem Jahre 2020 von dir eine EP namens „2019“ mit vier Songs drauf, hat es für ein komplettes Album nicht gelangt und wann können deine Follower (über 4100 bei Facebook) denn mit dem ersten kompletten Album rechnen?

EA: Ich habe versucht, meine persönlichen Erlebnisse aus dem Jahr 2019 in Songs zusammenzuschreiben, diese EP wurde dann 2020 veröffentlicht. Gleiches habe ich nun wieder vor, acht Songs sind bereits fertig. Ob es im Sommer dann ein komplettes Album gibt, schaun mer mal. Heutzutage sind Alben nicht mehr ganz so angesagt, alles dreht sich aktuell um Singles, von daher warten wir mal ab.

HL: Abschließende Frage, solltest du beim Vorentscheid zum ESC gewinnen bzw. überzeugen, sind Live-Gigs, wenn denn wieder erlaubt, in Planung oder ist dieses noch gar kein Thema?

EA: Planungen für Live-Auftritte stehen auf jeden Fall, egal ob ich gewinne oder nicht. Ich möchte in der Zukunft gerne noch mehr Städte oder Länder kennenlernen, ob das als Straßenmusiker, in kleinen Clubs oder in Stadien passiert, ist mir eigentlich egal.

HL: Dann danke ich für das Gespräch, drücke die Daumen für den deutschen Vorentscheid und, wenn dieser für dich erfolgreich war, wünsche viel Glück dann beim ESC in Italien … bleib gesund!

Text: Alexander Stock

eros atomus – alive (official music video) – YouTube